Logo

Einen Curt Sauermilch abstauben

Holzminden(20.09.03)

„Und den Bleistift immer schön spitz machen!“, so ahmt die ältere Dame ihren ehemaligen Kunstlehrer Curt Sauermilch nach. Das ist nun schon fast achtzig Jahre her, und sie erinnert sich doch noch an so viele Einzelheiten „als stände er vor mir!“ An seine Genauigkeit, seine wohlmeinende Strenge und seine Tabakspfeife, die er auch kalt oft im Mundwinkel trug.

Im Jahr 2003 auf der Suche nach den Spuren meines Großvaters in Holzminden zu sein, heißt auch, eine Reise in die Vergangenheit zu machen bei all den vielen Besuchen. Über vierzig Besitzer von Bildern Curt Sauermilchs haben sich nach einem Aufruf beim TAH gemeldet und sich bereit erklärt, ihre Gemälde und Zeichnungen abfotografieren zu lassen. Und so haben sich mir in den sechs herrlichen Sommertagen in Holzminden zahlreiche Türen geöffnet, und es wurde mir viel erzählt von damals. Das sind Erinnerungen nicht nur an die Schulzeit, sondern auch an Spaziergänge an der Weser, Wanderungen im Solling - aber auch an harte Arbeit beim Holzschlagen und im Hafen, von Handel und Wandel. Da wird mehr als nur die Bilder entstaubt, die schon seit so vielen Jahren an der Wand hängen, mehr als die Hälfte noch in ihren ursprünglichen Rahmungen. Es ist für mich erstaunlich, wie gegenwärtig das Wirken meines Großvaters 46 Jahre nach seinem Tode auch in der Enkelgeneration ist. Das ist sicher auch ein Grund dafür, dass man nun einen Weg nach ihm benennen wird. Sind die zahlreichen Fundstücke und Veröffentlichungen seiner Forschungsarbeit in den Schaukästen und Archiven der Museen erhalten und eher Fachleuten in ihrer Bedeutung bekannt, so sind es die Bilder des Künstlers Curt Sauermilch, die heute noch „lebendig“ sind als geschätzter Besitz, Erinnerungsstücke, aber auch als begehrte Sammelobjekte - und das nicht nur in Holzminden und Umgebung. Als Erbstücke sind viele Bilder auch weitergewandert. So habe ich über das Internet zum Beispiel Rückmeldungen aus Darmstadt, dem Rheinland, Hamburg und Belgien bekommen. Einige kommen aber auch mit ihren Besitzern zurück wie die „Stadtansicht von Holzminden“, die der Sohn geerbt hatte und die ihm in all den Jahren in Süddeutschland eine wichtige Erinnerung an seine Heimatstadt war. All das, was ich als Bremer bei meinen Besuchen in Holzminden erlebt habe, war nie von sentimentaler Trauer über Vergangenes begleitet - vielmehr war alles aktuell, gegenwärtig und positiv heiter wie die kräftigen Farben auf fast allen der über einhundert Bilder, die ich kennen lernen und fotografieren durfte - sie zeigen die schöne Weserlandschaft um Holzminden an sonnigen Tagen aller Jahreszeiten. Mein Dank gilt allen, die meine Arbeit zur Präsentation der Leistungen meines Großvaters Curt Sauermilch zu seinem 120. Geburtstag unterstützt haben. Davon wird vieles zu sehen sein auf den über 230 Internetseiten unter der Adresse „www.curt-sauermilch.de“, die am Geburtstag, dem 26. September, um 11 Uhr an den Internetplätzen der Stadtbücherei offiziell der Öffentlichkeit übergeben werden. Zahlreiche Bilder und Objekte zeigt auch die Sonderausstellung im Stadtmuseum Holzminden, die am folgenden Sonnabend, 27. September, im Anschluss an die Straßenbenennung um 11 Uhr eröffnet wird und bis zum 26. Oktober dann täglich von 14 bis 16.30 Uhr zu sehen sein wird - zwei Möglichkeiten, Curt Sauermilch im Jahr 2003 noch einmal neu zu begegnen.

19.09.2003 J. Volland